Informationen zum Fach Soziologie an der Anna Freud Schule

Die Soziologie erhielt ihren Namen von A. Comte und hat sich zu einer umfassenden Wissenschaft von den Menschen in ihren sozialen  Zusammenhängen entwickelt.

Als Wissenschaft versucht die Soziologie zu verdeutlichen, dass Alltagshandeln von kulturellen Vorgaben und gesellschaftlichen Normierungen bestimmt wird.  Außerdem spielen dabei nicht selten Machtinteressen und Herrschaftszusammenhänge eine Rolle, die sich „hinter dem Rücken“ der Menschen durchsetzen.

Was bedeutet diese Aussage konkret für die Denkweise der Soziologie?

Stellen wir uns eine 18- jährige Schülerin an einem humanistischen Gymnasium vor, die sich ihre Haare blau gefärbt hat und von ihren Familienmitgliedern und Freundinnen als Reaktion ein lebhaftes Missfallen erfährt. Verunsichert haben sie aber  v. a. die Besucher eines Schulkonzerts an ihrer Schule -sie spielte Flöte auf einem erhöhten Podest- die sie wahlweise als „Punkerin“ oder „Grufti“ einordneten.

Wie analysiert  die Soziologie den genannten Vorgang, der übrigens dazu führte, dass die Schülerin so schnell wie möglich zu ihrer „normalen“ Haarfarbe  rotblond zurück wollte? 

Die Soziologie hegt Zweifel gegenüber den Gewissheiten und Standarderklärungen des Alltagsdenkens, hier die Einordnung der Gymnasiastin zur Gruppe der „Punker“ oder „Grufties“. 

Sie versucht Alltagsvorgänge – z. B. den Wechsel der Haarfarbe von blau zu rotblond -  in breitere gesellschaftliche Zusammenhänge  zu stellen, d. h. sie erklärt ein (verändertes) Verhalten mit den Einflüssen auf den verschiedenen Ebenen des sozialen Beziehungsnetzes, mit den Einflüssen der Kleingruppen (Familienmitglieder, Freundinnen), den Organisationen und Institutionen (das humanistische Gymnasium, das Schulkonzert) und den Wirkungen von Gesellschaft und Kultur (z.B. die Rolle von traditionellen Wertvorstellungen oder den sozialen Vorgaben der Schichtzugehörigkeit).

Indem die Soziologie versucht verborgene Motive und Kräfte im Umgang der Menschen miteinander aufzudecken (z. B. die Bedeutung von einengenden Werten und Normen), hat sie zugleich eine kritische und aufklärende Funktion.

Inhalte des Faches Soziologie sind, abgesehen von der Einführung in diese Wissenschaft, die Beschäftigung  mit Fragen der Sozialisation und der Rollentheorie. Weiterhin sind der Wandel der Beziehungs- und Lebensformen, die heutige Vielfalt von nichtehelichen Lebensgemeinschaften, die modern bürgerliche Familie, „Patchwork“ – Familien, Alleinlebende / Alleinerziehende usw. Thema des  Soziologie- Unterrichts. Abschließend ist der Schwerpunkt  Sozialstruktur / Soziale Ungleichheit ein wichtiger Unterrichtsgegenstand. Es geht dabei um die Fragen, wie ist unsere Gesellschaft aufgebaut, welche Entwicklungen und Veränderungen sind  im Gesellschaftsgefüge feststellbar (z. B das „Abschmelzen“ der gesellschaftlichen Mitte, die Zunahme der armutsnahen Bevölkerungsgruppen) und wie auch erklärbar.

Soziologie wird als eigenständiges Fach an der Fachoberschule (in der Abschlussklasse auch als schriftliches Prüfungsfach wählbar)  und Berufsoberschule unterrichtet, als Teil des Faches Sozialwissenschaften am beruflichen Gymnasium und an der Fachschule in der Erzieherausbildung in den Lernbereichen 1 und 2.